Die katholische Arbeitsgemeinschaft Interessenvertretung Alleinerziehende (AGIA) wendet sich gegen eine Festschreibung des sogenannten Wechselmodells nach elterlicher Trennung. Auch eine gerichtliche Anordnung gegen den Willen oder das Wohl des Kindes lehnt die AGIA ab. "Das Wechselmodell, bei dem die Kinder nahezu hälftig bei beiden Eltern leben, kann lediglich im Einzelfall eine gute Lösung sein. Es kann Kindern Kontinuität in den Elternbeziehungen ermöglichen, stellt jedoch hohe Anforderungen an Kinder und Eltern", erklärte am Montag in Dortmund Anke Klaus, Bundesvorsitzende des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF). Dieser ist derzeit federführender Verband der AGIA. Der Bundestag hatte in der vergangenen Woche über das Wechselmodell diskutiert. SPD, Union, Grüne, Linke und AfD sprachen sich gegen das Modell als Regelfalls aus. Nur die FDP ist dafür. Diese Debatte wird nun im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz weitergeführt. Das Wechselmodell verlangt laut AGIA Kindern eine umfangreiche Mobilität ab, Eltern eine gute Verständigung miteinander über die Belange der Kinder sowie eine einvernehmliche Klärung unterhaltsrechtlicher Fragen.
Immer mehr einkommensschwache Familien nehmen den sogenannten Kinderzuschlag in Anspruch. So gab es im vergangenen Jahr 258.347 Kinder, deren Eltern den Kinderzuschlag bezogen haben, wie die "Saarbrücker Zeitung" (Samstag) berichtet. Das waren demnach 28.466 mehr als 2016. Von den zuständigen Behörden seien dafür insgesamt knapp 413 Millionen Euro ausgezahlt worden - 87 Millionen Euro mehr als im Jahr davor, so die aktuelle Datenübersicht der Bundesagentur für Arbeit, die die Linken-Politikerin Sabine Zimmermann angefordert hatte. Der Kinderzuschlag lag demnach im vergangenen Jahr bei durchschnittlich 133 Euro je Kind und Anspruchsmonat. Die staatliche Leistung soll davor schützen, dass Eltern aufgrund eines niedrigen Arbeitslohns wegen der Nachkommen zusätzlich auf Hartz IV angewiesen sind. Zimmermann nannte es "beschämend, dass so viele Kinder in einem der reichsten Länder der Erde von Armut betroffen sind". Die Leistungen für Kinder müssten erhöht und eine eigenständige Grundsicherung eingeführt werden. Dagegen widersprach der Berliner Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann dem Eindruck, dass der Kinderzuschlag ein Ausdruck wachsender Armut sei. "Aus der Entwicklung kann man nicht schließen, dass es immer mehr Familien in Deutschland schlechter geht. Nicht wachsende Bedürftigkeit, sondern ein gewachsenes Selbstbewusstsein der Betroffenen, das ihnen diese Mittel zustehen, dürfte für die steigenden Zahlen verantwortlich sein", sagte Hurrelmann. Offenbar würden sich mehr Menschen trauen, den Kinderzuschlag zu beantragen. Der Familienbund der Katholiken plädiert in seinem reformierten Kindergeldmodell dafür, den sogenannten Kinderzuschlag in das Kindergeld zu integrieren, damit alle Bezugsberechtigen die Leistung auch erhalten. Sie muss bislang aufwändig beantragt werden.
Das Bundesjustizministerium will "zeitnah" einen Entwurf zur Neuregelung des Paragrafen 219a vorlegen. Die Ministeriumssprecherin nannte aber am Montag in Berlin keinen Termin. Die neue Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hatte zuvor über Twitter mitgeteilt, dass sie Rechtssicherheit für Ärztinnen und Ärzte wolle. Dabei gehe es nicht um Werbung, sondern um Information. "Betroffene Frauen brauchen Unterstützung in einer persönlichen Krisensituation", so Barley. Anlass für die Debatte ist der Fall der Ärztin Kristina Hänel. Das Amtsgericht Gießen hatte sie Ende vergangenen Jahres wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe verurteilt. Es berief sich dabei auf den Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch. Dieser untersagt "das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen" von Schwangerschaftsabbrüchen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in "grob anstößiger Weise" geschieht. Die Union ist gegen eine Abschaffung des Paragrafen. Die SPD hatte einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der eine Streichung vorsieht. In der vergangenen Woche hatte die SPD sich mit der Union darauf verständigt, dass dieser nicht zur Abstimmung gestellt wird und die Regierung einen neuen Vorschlag erarbeiten wolle. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai)